Von Santiago kommt man sehr komfortabel in eineinhalb Stunden in die Hafenstadt Valparaiso. Die meisten Busse fahren ab der Station Pajaritos in Santiago, die sehr einfach mit der Metro zu erreichen ist. Die Fahrt kostet nur 4000 Pesos (ca. 5€). Busse fahren sehr regelmäßig und häufig, da dies eine sehr beliebte Strecke ist.
Der Busbahnhof in Valparaiso ist keine Schönheit und die Gegend um den Busbahnhof herum macht keinen besseren Eindruck. Es ist schmutzig, es riecht nach Urin, die
Leute sehen etwas verwahrlost aus und überall sind frei laufende Hunde. Wie kann diese Stadt ein Highlight jedes Chile Aufenthalts und gleichzeitig Weltkulturerbe sein? Glücklicherweise bin ich
hier nicht alleine unterwegs, da ich auf dem Flug nach Santiago eine junge Deutsche kennen gelernt habe. Mit ihr habe ich bereits in Santiago einige Dinge unternommen und mich kurzerhand ihrem
Plan, nach Valparaiso zu fahren und im Hostel La Joya zu übernachten, angeschlossen. Dieses ist - ob Fluch oder Segen - nicht weit vom Busbahnhof entfernt. Aus Versehen nehmen wir den Eingang
durch die Küche und landen später in der sehr schönen, im Industrial Style hergerichteten Herberge. Wir haben zu zweit ein eigenes Zimmer und ein eigenes Bad, da hier anscheinend sehr wenig los.
Nebensaison eben.
Da es erst später Nachmittag ist, zieht es uns raus in die Innenstadt. Wir sind beide neugierig und wollen wissen, ob der erste Eindruck von Valparaiso täuscht. Wir
schlendern ein wenig umher und ich für meinen Teil fühle mich auch nach zweistündiger Erkundungstour nicht gerade wohl. Ob es daran liegt, dass heute Feiertag in Chile ist und viele Läden und
Restaurants geschlossen sind? Oder werde ich einfach so mit dieser Stadt nicht warm? Zurück im Hostel entscheiden wir uns eine Kleinigkeit zu kochen, denn glücklicherweise haben hier in Chile
Supermärkte jeden Tag geöffnet.
Den nächsten Tag beginnen wir mit einem phänomenalen Frühstück im Hostel. Dieses ist für 14€ im Zimmerpreis inbegriffen. Nun erwartet man hier normalerweise Toast mit Marmelade und Filterkaffee. Aber das La Joya verwöhnt seine Gäste mit Rührei, Joghurt und Müsli, frischem Obst, Orangensaft und French Toast. Ich bin begeistert! Um 10 Uhr machen wir die Free Walking Tour mit H, der eigentlich auch Brasilien kommt, aber hier in Valparaiso studiert. Wir sind eine kleine Gruppe und lauschen gespannt den Erzählungen unseres Führers. Wir fahren mit dem Funicular, laufen durch schmale Gassen stets begleitet von Straßenhunden, diskutieren über Streetart und erfahren alles über das Denkmal der Seeschlacht von Iquique. Besonders Highlight ist der Stopp bei Delicias Express, die über 100 verschiedene Empanadas im Angebot haben. Am besten sind die "fried ones" - natürlich fettig und mit viel Käse (1500 Pesos pro Stück). Dazu gibt es einen kleinen Shot des Nationalgetränks Pisco Sour. Lecker!
Nach mehr als 3 Stunden Spaziergang durch Valparaiso bin ich der Stadt etwas wohlgesinnter. Ich denke, die Stadt mag mich auch nicht besonders, denn unterwegs
verfehlt ein ordentlicher Möwenschiss knapp meinen Kopf und landet stattdessen auf meinem Beutel. Ich mag Street Art wirklich sehr und die Fülle an Werken ist hier schon bewundernswert. Auf
Nachfrage wie es dazu kam, erzählt uns H, dass der Ursprung ein Workshop eines Lehrers in den 80ern gewesen war. Außerdem ist die Lage von Valparaiso auf den rund 40 Hügeln am Meer schon
besonders. Interessant sind auch die bunten Wellblechfassaden vieler Häuser hier. Diese zeugen noch aus vergangenen Zeiten, als Hausbesitzer Restmaterial der ansässigen Reedereien verwendet haben
um ihre Häuser mit Holzkonstruktion vor Feuchtigkeit zu schützen. Aber hier ist alles so schmutzig, wild und durcheinander. Ein ernst zu nehmendes Problem scheint hier das "Tagging" zu sein, da
fast jede Wand, die nicht mit Street Art bemalt ist, mit unschönen Schriftzügen beschmiert ist. Um ihre Häuser vor Tagging zu schützen, lassen die Besitzer ihre Fassaden noch heute von Künstlern
bemalen - leider mit sehr schlechter Bezahlung. Nur wenige Street Art Künstler können von ihrer Kunst leben. Zudem muss man hier aufpassen, dass man nicht in einen Hundehaufen tritt, und auch, in
welchem Viertel man sich besser nicht aufhält.
Wir beenden unseren Ausflug mit einem Besuch des Museo anCielo Abierto - natürlich Street Art im Viertel Buenavista. Zurück geht es mit den berühmten troles, Busse
mit Oberleitungen, die noch aus dem letzten Jahrhundert zeugen.
Am Abend essen wir im Hostel eigenen Restaurant mit Dachterrasse. Es gibt vegetarischen Burger, die man sehr empfehlen kann. Dazu trinke ich ein chilenisches Bier
der Marke Kunstmann. Später mache ich mich auf den Weg zum Busbahnhof, da ich den Nachtbus nach Pucón nehme. Gemischte Gefühle habe ich, als ich nachts alleine durch diese miese Gegend laufe.
Aber alles klappt prima und wenig später sitze ich im warmen Busterminal und warte auf die Abfahrt.
La Joya
Hostel und gutes Restaurant
www.lajoyahostel.com
Pasaje Quillota 80
Delicias Express
best empanadas in town
Urriola 358
Museo a Cielo Abierto
Epicuro 308 und Umgebung